Am
Sehr geehrter Bürgermeister Faißt,
sehr geehrter Beigeordneter Müller,
verehrte Mitglieder der Stadtverwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat,
verehrte VetreterInnen der Presse,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger
im Namen der Fraktion der Freien Wähler im Gemeinderat Renningen darf ich heute zum Haushaltsentwurf für das Jahr 2024 Stellung nehmen.
Entgegen den Prognosen weist er trotz widriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen in unserem Land ein knapp positives Ergebnis von ca. 400 T Euro auf. Das nehmen wir erfreut zur Kenntnis.
Bei genauerer Betrachtung ist die Freude jedoch etwas verhalten.
Die positive Entwicklung ist auf Rekordeinnahmen im Bereich der Gewerbesteuer zurückzuführen, die zu einem nicht unerheblichen Anteil auf Nachzahlungen basieren und deshalb nicht belastbar für die Folgejahre prognostizierbar sind.
Wir mahnen im Einklang mit der Stadtverwaltung deshalb weiterhin ein vorsichtiges Haushalten an. Im Folgenden möchte ich die Unwägbarkeiten, die dies aus unserer Sicht auch in den nächsten Jahren unabdingbar machen, kurz aufgreifen:
- Die hohen Einnahmen aus 2022 und 2023 werden in den folgenden Jahren zu höheren Abgaben bei der Kreisumlage und der FAG-Umlage führen. Bereits 2025 wird uns aller Voraussicht nach kein vollständiger Haushaltsausgleich mehr gelingen, da eine hohe Nachzahlung aufgrund der unerwartet hohen Gewerbesteuereinnahmen heute schon sicher ist.
- Die Personalkosten stiegen seit dem letzten Haushaltsentwurf um knapp 16%, in den letzten 6 Jahren um 45%!
Bedingt durch die hohen Tarifabschlüsse, aber auch eine steigende Mitarbeiterzahl, da die stetig wachsenden Aufgaben sonst nicht bewältigt werden können.
Leider sind aufgrund des Fachkräftemangels diese Stellen zwar vorgesehen, aber teils nicht zu besetzen. Aus unserer Sicht wirkt das Haushaltsergebnis dadurch ein Stück weit besser als es tatsächlich ist. Dies gilt auch hinsichtlich der Verlängerung der Abschreibezeiträume unserer städtischen Liegenschaften. Auch hier sind wir nicht sicher, ob diese Maßnahme geeignet und gerechtfertigt ist, da sie die Kosten eigentlich nur in die Folgejahre verschiebt.
Gerade im Baubereich sind einige wichtige Projekte (wir reden hier von geplanten Investitionen in Höhe von ca 10 Mio Euro) zum Teil bereits mehrfach verschoben worden, weil die Kapazitäten erschöpft sind. Auch fällt es dem Fachbereich Bauen durch diese Überlastung zunehmend schwer, die laufenden Projekte zu überwachen und zu begleiten, was wiederum zu Verzögerungen und schlussendlich zu Mehrkosten führt.
Wir sehen die große Gefahr, dass es bei weiteren Verzögerungen zu einem Sanierungsstau der städtischen Liegenschaften kommt.
Deshalb sehen wir die Stellenmehrung in diesem Bereich als zwingend notwendig an und hoffen, dass uns die Stellenbesetzung zeitnah gelingt.
Auch im Bereich der Klein- und Schulkindbetreuung sind enorme Anstrengungen nötig, um die Betreuung sicherzustellen. Die zunehmenden Verpflichtungen, die uns der Bund hier überträgt, sind auf kommunaler Ebene kaum noch zu bewältigen. Wir nehmen erfreut zur Kenntnis, dass es zuletzt durch zahlreiche Maßnahmen gelungen ist, das Defizit in der Stellenbesetzung abzubauen, aber wir wissen alle, wie fragil die Situation ist. Um die Stadt als Arbeitgeber attraktiv zu halten und den Eltern verlässliche Betreuungszeiten anbieten zu können, sind auch in den folgenden Jahren enorme, gerade auch finanzielle Anstrengungen nötig, die mit einkalkuliert werden müssen.
Genauso in der Schul- und Jugendsozialarbeit. Hier sehen wir in den letzten Jahren, sicherlich verstärkt durch die Sondersituation der Pandemie, einen stark steigenden Unterstützungsbedarf. Gerade auch Kinder und Jugendliche aus Familien mit Fluchterfahrung stellen unsere pädagogischen Fachkräfte in den Betreuungseinrichtungen vor zunehmende Herausforderungen. Neben der Schwierigkeit der Schaffung von Wohnraum, stellt gerade die Integration durch Bildung eine sehr große und aufgrund der schlechten Planbarkeit eine teils schier unlösbare Aufgabe dar. Auch hier sind deshalb im Haushaltsplan neue Stellen und Mittel vorgesehen, die aber natürlich ebenfalls für die Zukunft vorgehalten werden müssen.
- Wie bereits letztes Jahr Herr Schautt möchte ich an dieser Stelle erneut auf die Situation der Senioren hinweisen. Bezüglich betreuten Wohnens und Tagespflege gibt es nur sehr zögerliche, mancher würde sagen, viel zu zögerliche, Fortschritte. 2024 steht das städtische betreute Wohnprojekt im Haushaltsplan, wir hoffen, dass uns hier eine rasche Lösung gelingt. Aber wir müssen dringend die Weichen für die Zukunft des Pflegeheims Renningen stellen, da ein Weiterbetrieb im derzeitigen Gebäude aufgrund geänderter gesetzlicher Grundlagen nach aktuellem Stand der Dinge nicht möglich ist. Auch das ist eine Aufgabe, die finanzielle und personelle Ressourcen erfordert!
- Lassen Sie mich zum Finanzhaushalt kommen:
Wir planen Rekordinvestitionen von 33 Mio Euro, ca. 16 Mio allein für Schulen, Kitas und die neue Sporthalle, 2,5 Mio jeweils für die Unterbringung von Menschen mit Fluchterfahrung und die Ertüchtigung des Neuen Rathauses. 1,5 Mio für den Ausbau des Hochwasserschutzes und noch vieles mehr. Alles enorm wichtige Bauprojekte, die dringlich angegangen oder abgeschlossen werden müssen.
- In den letzten Jahren hat die Stadt ca. 6 Mio Euro allein in die Unterbringung von Menschen mit Fluchterfahrung investiert. Dabei sind die Kosten und vor allem auch die Energie, die von Seiten der Haupt- und Ehrenamtlichen in die Integration der Menschen investiert wird, noch nicht einmal berücksichtigt. Das ist so nicht mehr leistbar. Hier brauchen wir dringend Lösungen auf Bundes- und Landesebene, um die Kommunen zu entlasten.
- Doch zurück zu den Baumaßnahmen:
Gerade der Rathausumbau und die damit verbundene Neustrukturierung der Organisation bergen aus unserer Sicht die Chance, die Wege zu verkürzen und auch mit Hilfe der Digitalisierung, moderne Arbeitsmodelle und Kommunikationsmöglichkeiten zu schaffen, um die Abläufe zu optimieren. Das sollte die MitarbeiterInnen entlasten und den Bürgerservice verbessern.
- Damit bin ich beim Klimaschutz angelangt: Im integrierten Klimaschutzkonzept haben wir viele Ziele und auch bereits Maßnahmen definiert, jetzt geht es darum, diese umzusetzen. Hierzu sind hohe finanzielle Investitionen notwendig, die leider noch nicht ausreichend sicher kalkulierbar sind und deshalb im Haushalt auch noch nicht ausreichend berücksichtigt werden können.
In Zukunft ist es, noch mehr als bereits in der Vergangenheit geschehen, wichtig, dass jede Maßnahme unter Klimaschutzgesichtspunkten geprüft und bewertet wird. Aber Klimaschutz bedeutet in unseren Augen nicht nur den Blick auf neue Baumaßnahmen zu richten, sondern gerade auch die Werterhaltung der bestehenden Infrastruktur. Schäden an Straßen, Rad- und Gehwegen und Plätzen beeinträchtigen die Sicherheit und die Aufenthaltsqualität unserer BürgerInnen. Aber es sind nicht nur die großen und teuren Maßnahmen. Die Pflege des Rankbachs und die Beseitigung von Schmutz, Müll aber auch nur Laub, sorgen für ein freundlicheres Stadtbild und tragen zum Wohlbefinden bei und sollten deshalb intensiviert werden.
Die Stadt hat einen wichtigen Vorbildcharakter, was die energetische Sanierung unserer kommunalen Liegenschaften betrifft. Dazu brauchen wir dringend eine Prioritätenliste, um den Erhaltungs- und Sanierungsbedarf einschätzen und die Maßnahmen zeitnah planen zu können. Denn Erhalt und Ertüchtigung des Bestehenden ist nachhaltiger als neu bauen.
Und sollten wir wirklich Geld übrighaben, so wäre zum Beispiel eine städtische Beteiligung an einem Windpark oder einer Photovoltaikanlage eine lohnende langfristige Investition in den Klimaschutz. Gerade die Windenergie stellt den wichtigsten Baustein zum Erreichen unserer Klimaschutzziele dar. Deshalb halten wir die Unterstützung eines Windparkprojektes für sinnvoll. Zum einen im Hinblick auf die Pachteinnahmen, die die Stadt durch einen Windpark auf städtischem Grund erzielen kann. Darüber hinaus würde uns eine städtische Beteiligung ein gewisses Mitspracherecht über die Nutzung des produzierten Stroms einräumen. Die letzten beiden Jahre haben uns allen eindrücklich gezeigt, dass der Strom nicht einfach aus der Steckdose kommt und eine konstante Strom- und Energieversorgung nicht automatisch gesichert ist.
- Dass wir in Renningen so stabil durch die Krisenjahre gekommen sind, liegt an unserem guten Banchenmix und dem starken Mittelstand. Unsere Gewerbetreibenden sichern uns in wesentlichen Teilen den städtischen Haushalt und natürlich auch lokale Arbeitsplätze, deshalb sollten wir darauf achten, sie nicht über den Maßen zu belasten. Die Betriebe stehen vor großen Investitionen zum Klimaschutz, dafür brauchen sie finanziellen Spielraum. Und Stadt und BürgerInnen brauchen Handel und Gewerbe, um unsere Gebäude zu bauen oder zu ertüchtigen und vor Ort alles Wichtige zum Leben vorzufinden. Eine Stadt der kurzen Wege ist gelebter Klimaschutz.
Die letzte Gewerbesteuererhöhung mussten wir zähneknirschend mitttragen, da auch wir Freien Wähler keine Alternative sahen. Sollten sich die Gewerbesteuereinnahmen aber verstetigen, möchten wir anregen, über eine Senkung der Gewerbesteuer nachzudenken, um den Wirtschaftsstandort langfristig attraktiv zu halten.
- Dies gilt auch für eine zweite wesentliche Einnahmequelle im städtischen Haushalt, die Grundsteuer. 2025 müssen wir über die Neufestsetzung beschließen. Aktuell ist die Ausgestaltung leider noch völlig unklar. Klar ist nur das Ziel diese aufkommensneutral zu gestalten. Aufkommensneutral bedeutet in diesem Zusammenhang aber für die Kommune, nicht für den einzelnen Bürger. Auch hier müssen wir rechtzeitig die Weichen stellen, um Wohnen nicht noch zusätzlich zu verteuern und die BürgerInnen nicht übermäßig zu belasten. Das dürfte herausfordernd werden.
- Trotz Rückholung der gewährten Kredite an die städtischen Eigenbetriebe und die Beteiligung an Netze BW, werden wir zusätzliche Kredite aufnehmen müssen. Darüber hinaus bereitet uns die Finanzsituation der städtischen Eigenbetriebe (Wasser und Abwasser) Sorge. Dort besteht ein hoher Finanzierungsbedarf (aktuell 13 Mio Schulden), den wir als Stadt ebenfalls berücksichtigen müssen, wenn auch nicht im Kernhaushalt. Letztendlich führt ein hohes Defizit in diesem Bereich auch wieder zu einer Belastung der BürgerInnen durch höhere Gebühren.
Aus diesen Betrachtungen ergibt sich für uns folgendes Fazit: Die 2021 beschlossenen Sparmaßnahmen waren bitter, aber nötig. Die Gewerbesteuereinnahmen haben uns eine willkommene Verschnaufpause verschafft. Sollten sich die Gewerbeeinnahmen auf diesem Niveau stabilisieren, sollten wir über eine Senkung der Gewerbesteuer nachdenken, können dies aber noch nicht für diesen Haushaltsentwurf als förmlichen Antrag einreichen, da uns die Prognose noch zu unsicher erscheint.
Denn: Wir haben nur ein kleines Polster und große Aufgaben. Deshalb müssen wir weiterhin auf Sicht fahren und gut haushalten.
Wir stellen daher auch nur einen Antrag:
- Die zeitnahe Vorstellung eines Konzepts zur Zukunft des Pflegeheims Renningen, möglichst im ersten Vierteljahr
- Außerdem möchten wir noch an unseren unterjährig gestellten, interfraktionellen Antrag zur Errichtung einer öffentlichen Wasserentnahmestelle an der Gottfried-Bauer-Straße erinnern, auf den wir seither keine Reaktion erhalten haben
Herr Faißt, Herr Müller, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, wir möchten uns bei Ihnen und allen, die an der Haushaltserstellung mitgewirkt haben, bedanken und stellen unsere Zustimmung in Aussicht.
Wir freuen uns auf gute und konstruktive Haushaltsberatungen.
Uns allen wünsche ich ein gesundes und friedliches Neues Jahr mit viel Freude an unserer gemeinsamen Aufgabe, uns zum Wohle der Renninger BürgerInnen einzusetzen.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit